Hohes Alter stellt keinen Härtefall dar

Dem Urteil vom 03.02.2021 des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 68/19) zufolge, können Mieter sich im Rahmen eines Widerspruchs gegen eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters nicht auf das hohe Alter berufen. Es müssen nämlich hinsichtlich der Entscheidung, ob Mieter innerhalb einer Räumungsklage eine Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen nicht zu rechtfertigender Härte verlangen können, auch Interessen der Eigentümerin einfließen.

Hintergrund dieses Urteils war eine inzwischen fast 90 Jahre alte Mieterin, welcher 2015 nach achtzehn Jahren die Mietwohnung in Berlin wegen Eigenbedarfs gekündigt worden ist. Diese hatte der Kündigung widersprochen und den Auszug aus der Wohnung verweigert, indem sie sich auf ihr hohes Alter, ihren schlechten Gesundheitszustand, ihre Verwurzelung in Berlin sowie ihre beschränkten finanziellen Mittel stützte. Die Eigentümerin der Wohnung wollte diese Wohnung für ihre gelegentlichen Aufenthalte in Berlin nutzen, um so auf die Unterkunft in der Mietwohnung ihres Sohnes verzichten zu können. Die Herausgabe- und Räumungsklage der Vermieterin blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Trotz nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 3 BGB wirksamer Eigenbedarfskündigung, blieb stets fraglich, ob die Mieterin gemäß §§ 574, 574a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der für sie bestehenden Härte verlangen konnte.

Der BGH wies den Fall an das LG zurück. Denn dem BGH zufolge, habe das LG nur das Alter der Beklagten beachtet und andere Aspekte vernachlässigt als auch entsprechende Feststellungen nicht getroffen, was dem VIII. Zivilsenat zufolge einen Fehler darstelle. Es sei nämlich eine Abwägung der gegenseitigen Interessen in Anbetracht aller Gesichtspunkte erforderlich. Weder der – die Rechte älterer Menschen schützende – Art. 25 der Europäischen Grundrechte-Charta noch die Ausstrahlungswirkung des Art. 1 Abs. 1 GG oder das Sozialstaatsprinzip sähen eine Bejahung der Härte allein wegen des Alters vor. Zudem sei die Lebensplanung der Klägerin zu respektieren und der Rechtsfindung ebenfalls zugrunde zu legen. Nun soll das LG ein vom Amtsgericht eingeholtes Sachverständigengutachten zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen eines Umzugs auf die Lebensführung der Mieterin im Fall des Verlusts der vertrauten Umgebung ausführlich würdigen. Zudem sollen der Erlass der Mietenbegrenzungsverorderung des Landes Berlin und ein Vortrag der Mieterin zu ihren konkreten Bemühung hinsichtlich einer neuen Wohnungsfindung berücksichtigt werden.