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Springer-Mitarbeiter sollen Beziehung in Belegschaft offenlegen

Das Medienhaus Axel Spring will seine Mitarbeiter nun verpflichten, Beziehungen mit Kollegen sowie Vorgesetzten gegenüber der Konzernspitze offenzulegen. Dies habe der Vorstand beschlossen.

Anlass dieser Entscheidung ist die Affäre um Ex „Bild“- Chefredakteur Julian Reichelt, welcher nach wiederholten Vorwürfen zur Vermischung von Privatem und Beruflichem von seinen Aufgaben entbunden worden war. Dieser wurde im Oktober endgültig von seinen Aufgaben im Medienhaus abberufen nachdem gegen ihn, aufgrund des Verdachts auf Machtmissbrauch in Form sexueller Beziehungen zu ihm unterstellten Mitarbeiterinnen, zunächst ein Compliance Verfahren geführt wurde. Dabei warf ihm der Vorstand neben der fehlenden Trennung von Beruflichem und Privaten vor auch nach Abschluss des Verfahrens noch darüber gelogen zu haben. Dieser bestreitet jedoch weiterhin stets jegliche genannten Vorwürfe.

Dem Konzern zufolge soll bereits bis zum Jahresende das Regelwerk stehen, das die rund 16.000 Mitarbeiter/-innen dazu verpflichtet, ihre internen Beziehungen zu offenbaren. Als Begründung einer derartigen Regelung lieferte das Medienhaus, dass der Arbeitgeber so über Beziehungen informiert werde, die einen Interessenkonflikt verursachen könnten. Es solle aber kein generelles Verbot von Beziehungen bestehen. Hinsichtlich einer derartigen Transparenzpflicht habe sich Mathias Döpfner, Vorstandvorsitzender, bereits vor einigen Jahren infolge der „me-too“-Bewegung in den USA eingesetzt, jedoch sei dies damals vom Betriebsrat vehement abgelehnt worden. 

Es ist jedoch derzeit offen, inwiefern eine derartige Transparenzpflicht in Deutschland tatsächlich rechtlich haltbar wäre. Bereits 2005 hat das LAG Düsseldorf eine sogenannte „Ethikrichtlinie“ der US-Supermarktkette „Walmart“ für nichtig erklärt, die für Mitarbeiter in Deutschland ein Verbot von privaten Beziehungen enthielt. Dem Gericht zufolge verstoße ein derartiges Verbot gegen das in Art. 1 und 2 GG verankerte Persönlichkeitsrecht der Angestellten. Die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen stelle eine Privatangelegenheit der beteiligten Personen dar. Daraufhin entschied das BAG im Jahr 2008, dass ein generelles Verbot von Liebesbeziehungen innerhalb des Betriebs aufgrund des schweren Grundrechtseingriffs  unzulässig ist. Zudem habe der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber in einem Verhaltenskodex das Verhalten der Arbeitnehmer und die betriebliche Ordnung regeln wolle. 

Im Gegensatz zu den bisher entschiedenen Fällen weist das geplante Regelwerk jedoch kein Verbot von Beziehungen auf, weshalb fraglich ist, inwiefern die geplante Meldepflicht bereits einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf informelle Selbstbestimmung darstellt. Mithilfe der Meldepflicht sollen Missverständnisse, wie in der Reichelt-Affäre hilfreich gewesen wäre, verhindert werden, womit der entstehende Grundrechtseingriff gerechtfertigt werden könnte. Auch sei fraglich, ob die Beziehung zwischen Chef und Untergebenem auch heute noch als „Privatangelegenheit“ angesehen werde.

Hierzu äußerte sich Rechtsanwalt Carsten Brennecke äußert kritisch, da infolge der Meldepflicht zwangsläufig auch Informationen über die eigene sexuelle Orientierung offenbart werden würden. Auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, sprach sich gegen eine Offenlegungspflicht aus. Auch wenn das Einfordern sexueller Gefälligkeiten durch einen Vorgesetzten inakzeptabel sei und strafrechtlich relevant sein könne, sei ein Transparenzbericht jedoch das falsche Gegenmittel. Stattdessen müsse Springer die Machtfülle von Chefredakteuren beschneiden, die die Reichelt-Affäre erst möglich gemacht habe.